Privat-Brauerei Zötler GmbHRettenbergDEU

Eine umtriebige Brauerei, die immer mal wieder mit neuen Ideen aufwartet so präsentiert sich die Zötler-Brauerei im Internet. In natura habe ich sie unter anderem am 11. März 2008 besucht am Ortsrand des Brauereidorfs Rettenberg, das sich Brauereidorf nennt, weil zwei regional bedeutende Brauereien, die Zötler- und die Engelbrauerei, in (erzwungener?) Eintracht die Wirtschaft der Gemeinde dominieren.

Das Brauereigebäude empfängt den Besucher mit einem Turm, der in Gelb und Weiß so angestrichen ist, dass er wie mit Bier gefüllt aussehen soll. Nett. Die Sudkessel präsentieren sich attraktiv hinter Glasscheiben, ordentlich beschriftet und kupferglänzend. Ein paar Utensilien und Rohstoffe vervollständigen das Bild und machen den „Schaufensterbummel“ lehrreich.

Direkt daneben ein großer Schankraum aber offensichtlich leider nicht bewirtschaftet. Wird wohl nur für geschlossene Gesellschaften und anlässlich von Brauereibesichtigungen genutzt. Aber zum Glück gibt’s im Ortskern den Brauereigasthof Adler-Post, in dem man die Zötler-Biere verkosten kann. Nicht so schön, als wenn man es direkt in der Brauerei können täte, aber dennoch in Ordnung die rustikal-gemütliche Atmosphäre lädt zum Verweilen ein.

Und zum Nachdenken. Zum Beispiel darüber, ob bei all den neuen Ideen, mit denen die Brauerei aufwartet, diejenige eines Vollmond®Bieres nicht doch ein wenig überkandidelt und esoterisch ist. Vollmond mag ja ein netter Anlass sein, ein Brauereifest zu veranstalten, aber bitte erzähle mir niemand, dass bei Vollmond gebrautes Bier anders schmeckt als normales. Wer so etwas glaubt, verbiegt auch zusammen mit Uri Geller ganz in Gedanken sein Frühstücksbesteck…

Nachtrag 4. Mai 2015: Der heutige Tag bot mir erneut viel Gelegenheit, mir meine Gedanken über Esoterik zu machen. Ob Vollmond®Bier, Grander-Wasser, UFOs oder sonstiger Unfug es war faszinierend, mitzuerleben, wie groß der Anteil weltfremder und mit einfachster Schulphysik nicht vertrauter Menschen unter den Allgäu-Touristen ist. Doch gemach und der Reihe nach.

Nachdem das Vollmond®Bier, wie es der Name schon vorgibt, stets in der Vollmondnacht gebraut wird, lädt die Privatbrauerei Zötler an den Brautagen dieses Biers zum Vollmond-Abend ein. Bei zünftiger Allgäuer Volksmusik kann Bier getrunken, gegessen, gesungen und das Sudhaus besichtigt werden. Zu diesem Zweck wird auch das Restaurant direkt am Besucherzentrum der Brauerei bewirtschaftet.

Zum Ausschank kamen heute neben dem alkoholfreien Weizen und dem „normalen“ Alkoholfreien das 1447 Naturtrüb, der Maibock und das Vollmond®Bier. Obwohl Ausschank ist ja schon das verkehrte Wort. Alle fünf Sorten wurden lediglich in Flaschen angeboten. In Flaschen! Hier, am Ort seines Entstehens, wird das Bier nicht gezapft angeboten, sondern wie an der Trinkhalle im Kohlenpott in Flaschen! Merkwürdig.

Miniatur (1)Und leider haben uns alle drei „richtigen“, also nicht-alkoholfreien, Biere nicht wirklich gut geschmeckt eines wirkte süßlicher als das Nächste. Hopfen schienen die Biere nur von weitem gesehen zu haben, vermutlich nur in den kleinen Mengen, wie sie zwischen den Sudkesseln als Demonstrationsobjekte während der Sudhausbesichtigung verwendet werden. Dazu eine Restsüße, die das Bier fast schon klebrig machte, auf alle Fälle aber die Trinkbarkeit gewaltig reduzierte. Nach einem großen Glas (beziehungsweise einer Flasche) hatten wir einfach genug, wenn auch der Durst nicht verschwinden mochte. Aber nach der dritten Flasche stand uns, in der Tat, ja, es stand uns der Sinn nach einem großen Glas Wasser! Puh!

Die Musik verstand es, uns über unseren Frust hinwegzuhelfen, sie spielte wirklich gut, und selbst über die Multimediapräsentation hinweg, bei der der Vertriebsleiter der Brauerei am Mikrofon über die wunderbare Kraft des Vollmondes philosophierte, hielt sie uns bei Laune.

Es schloss sich an der obligatorische Rundgang durch das Sudhaus, und die Brauerei Zötler konnte mit einem echten Superlativ aufwarten: Es war die lustloseste Sudhausführung, die ich bisher erlebt habe. Missmutig erzählte der Brauer vom Brauprozess, und spannend wurde es für mich erst in dem Moment, als er betonte, worauf es beim Brauen ankäme. Es wäre nämlich die Trinkbarkeit des Biers, die Drinkability. Man müsse das Bier weit herunter vergären, es dürfe nicht so viel Restsüße haben, weil der Genießer sonst bereits nach einem großen Glas genug vom bappigen Zuckerwasser habe und sich nach einem Glas Wasser sehne. Wir sahen uns mit großen Augen an. Ja, warum lässt der gute Mann denn seinen Worten keine Taten folgen? Was wir bis eben probiert und verkostet haben, ist ja genau das Gegenteil der propagierten Brauphilosophie!

Es kam für mich als Naturwissenschaftler aber noch schlimmer. Der gute Mann begann, über positives und negatives Wasser zu referieren, darüber, dass sich das Wasser noch lange und negativ daran erinnern würde, wenn es mit acht Bar durch eine Wasserleitung geschossen würde, und dass man mit solch misshandeltem Wasser natürlich kein Bier brauen könne. „Achtung, gleich fängt er auch noch an, von Granderwasser zu schwafeln!“, raunte ich meiner Frau im Scherz zu.

Ach, Scherz, woher denn!

Es kam tatsächlich so: Zwei Sätze später pries der gute Mann die Vorzüge des Granderwasser, und wie wunderbar durchtrinkbar und frisch die Biere schmecken würden, wenn man sie mit diesem Wunder-Wasser braue. Die Mimik spaltete die Zuhörerschaft deutlich sichtbar in zwei Gruppen. Diejenigen, die in der Schule in Physik und Chemie immer gut aufgepasst hatten, verdrehten die Augen; die Esoterik-Touristen hingen gebannt an den Lippen des Brauers.

Miniatur (2)Uns reichte es. Der Höflichkeit halber warteten wir auf einen günstigen Moment, uns vorzeitig aus der Brauereibesichtigung heraus zu mogeln, was mir auch noch nie passiert ist. Allerdings verpassten wir so auch die Erklärung für das UFO-ähnliche Objekt, das zwischen Sudhaus und Lagerkeller installiert ist und diese mit dicken Rohren miteinander verbindet. „Ob sich in diesem UFO die geheime Grander-Maschine befindet? Ist bestimmt so eine Art Orgon-Akkumulator Wilhelm Reich lässt grüßen!“ dachte ich mir und sinnierte darüber nach, wie viel Scharlatanerie unsere Gesellschaft wohl noch aushält…

Freundlich verabschiedeten wir uns vom wirklich netten Servicepersonal und trollten uns von dannen. Draußen leuchtete der Vollmond, aber auf die wahre, die innere Erleuchtung warteten wir doch vergebens…

Die Zötler-Brauerei bietet zu festen Zeiten (dienstags um 10:30 Uhr, mittwochs um 18:30 Uhr und donnerstags um 14:00 Uhr) Brauereibesichtigungen an; an den Abenden vor der Vollmondnacht findet jeweils ab 19:00 Uhr das Vollmondfest statt; und etwa alle ein bis zwei Monate bietet die Brauerei auch Brau-Kurse auf einer Mini-Sudanlage an. Der Ausschank der Brauerei, der Brauereigasthof Adler-Post in der Ortsmitte von Rettenberg ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet, außer mittwochs, da ist Ruhetag, und donnerstags, da wird erst um 17:00 Uhr geöffnet. Rettenberg wird vom Linienbus angefahren, insofern ist die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut sichergestellt. Sowohl vor der Brauerei als auch am Brauereigasthof gibt es aber auch Möglichkeiten, sein Auto gratis abzustellen.

Bilder

Privat-Brauerei Zötler GmbH
Grüntenstraße 2
87 549 Rettenberg
Bayern
Deutschland

Brauerei zur Stadt Hamburg Otto LangenmayrKemptenDEU

Gelegentlich bummelt man nichts ahnend durch die Fußgängerzonen dieser Welt, und dann stolpert man über Spuren längst vergangener Brauereien so am 4. Mai 2015 in der Altstadt von Kempten.

Ein schönes, barockes Gebäude, eines unter vielen in der Fußgängerzone hier, beherbergt ein paar Modegeschäfte von den Ketten, bei denen ich mich immer wieder frage, wer dort einkaufen geht. Und an der Fassade zwei alte Inschriften. Die eine zeigt in den Stein eingearbeitete Brauerutensilien und darunter den Schriftzug „Seit 1664. Bier-Brauerei zur Stadt Hamburg. Im Besitz der Familie Langenmayer.“, die andere unter einem kleinen geschwungenen Blech „Brauerei zur Stadt Hamburg. 1664 1745 „Weisses Rösle“. Geschlecht Langenmayr seit 1767.“

Um das Jahr 1600 war diese Brauerei gegründet worden, und ihren Namen hatte sie bekommen, nachdem ihr Eigentümer Jakob Röhlin gegen Ende des 17. Jahrhunderts auf Wanderschaft in Hamburg gewesen war. Nach seiner Rückkehr nannte man ihn in Kempten nur „den Hamburger“, und so lag es nahe, die Brauerei entsprechend zu benennen.

Nach fast 500 Jahren wurde die Brauerei 1981 vom Allgäuer Brauhaus, der großen, die Stadt Kempten und mittlerweile das ganze Allgäu dominierenden Brauerei, übernommen. Der Brauereibetrieb wurde eingestellt, und die Gaststätte wurde zehn Jahre später ebenfalls geschlossen. Die Betriebsgebäude sind längst verschwunden und haben Wohn- und Geschäftshäusern Platz gemacht; lediglich das barocke Hauptgebäude wurde erhalten und renoviert und beherbergt die genannten Modegeschäfte.

MiniaturErhalten blieb, neben den beiden Steinen mit den Inschriften, der schöne eiserne Ausleger, der ein H vor einer stilisierten Gerstenähre zeigt, darunter Teile des Hamburger Stadtwappens.

Bilder

Brauerei zur Stadt Hamburg Otto Langenmayr
Fischerstraße 19
87 435 Kempten
Bayern
Deutschland

BernardiBräuRettenbergDEU

Schlossplatzbrauerei Coepenick, Berlin

MiniaturAls sich das kleine Bergsträßchen durch Wiesen und Wälder langsam höher windet, vorbei an einem kleinen Bachlauf mit idyllischen Wasserfällen, durch Weiden mit braunen Kühen, bekomme ich das Gefühl, als müsse hinter der nächsten Kurve unbedingt die Hütte vom Alm-Öhi auftauchen, und Heidi und Peter müssten mit ihren Ziegen über die vom Löwenzahn gelb leuchtende Wiese gelaufen kommen.

Aber wir sind nicht in der Schweiz, sondern in den Allgäuer Alpen, direkt hinter dem Örtchen Kranzegg im Allgäu. Und vor uns liegt auch nicht die Hütte vom Alm-Öhi, sondern die ehemalige Station vom Skilift, in der sich seit 2014 eine kleine Brauerei befindet, und zwar die nach eigenen Angaben höchstgelegene Privatbrauerei Deutschlands, das BernardiBräu.

So richtig offiziell ist sie heute, am 4. Mai 2015, noch gar nicht richtig eröffnet, obwohl schon gebraut wird und natürlich der Bierverkauf schon angelaufen ist. Aber die große Eröffnungsfeier ist erst für den 14. Mai, den Himmelfahrtstag, geplant mit Hoffest, Gaudi und Livemusik. Was mich natürlich trotzdem nicht davon abhält, mich mit Bernard Göhl, dem Inhaber und Braumeister zu verabreden.

„Ich bin zwar Diplom-Braumeister und habe nach meiner Ausbildung in München anschließend in Weihenstephan studiert, aber hauptberuflich arbeite ich zur Zeit in der Abfülltechnik. Und da ich das Brauen vermisse, habe ich nebenher die kleine Brauerei hier aufgebaut.“, erzählt Bernhard, während wir die Treppe zum Sudhaus hochgehen. „Angefangen hat es mit einem kleinen 80-l-Sudwerk, und mittlerweile habe ich eine 5-hl-Anlage, die ich mir in großen Teilen selbst aufgebaut habe.“

Sehr solide schaut die Technik aus. Zwei kupferne Geräte der Firma MBT bilden das Rückgrat, alles andere rundherum hat Berni selbst konstruiert. „Eine wunderschöne Patina, oder?“, fragt er mich und streicht über die Sudpfanne. Und in der Tat, das in allen Farben schimmernde und irisierende Kupfer wirkt viel schöner und lebendiger, als manche steril und seelenlos auf Hochglanz polierte Schauanlage. Es ist blitzsauber, das sieht man, aber die Spuren der Arbeit sind doch zu sehen. Hier ist ein wenig saure, dort eher basische Flüssigkeit übergelaufen und hat ihre Spuren auf dem Kupfer hinterlassen. Nach sorgfältigem Putzen bleibt die ganz leicht eingeätzte Spur sichtbar und verleiht dem Sudwerk Leben.

Im Nachbarraum stehen die Gärbehälter. Offene Gärung, das ist Ehrensache. Und daneben wiederum in zwei Reihen die kleinen ZKGs, in denen das Bier der BernardiBräu bis zur Abfüllreife lagert. Blitzsauber und zweckmäßig.

Im Stockwerk darunter die Abfüllanlage. Ein kleine Gruber-Anlage, auf der Berni seine Spezialbiere und die ungewöhnlichen Flaschengrößen abfüllt; das Brot-und-Butter-Bier, also das Gigglstuinar Märzen, das regelmäßig in größeren Mengen gebraut wird, wird bei einer befreundeten Brauerei abgefüllt.

Und nebenan, in einer großen Scheune, wird das abgefüllte Bier gelagert und verkauft. „Neben dem Märzen, das hier überall steht, braue ich ein dunkles Bockbier, das ich in Ein-Liter-Flaschen abfülle, schau her! Dann gibt es immer mal wieder ein besonderes Bier, zum Beispiel das Alms, ein Weizenbock mit rund 7% Alkohol. Das gibt’s in kleinen Flaschen, zum bewussten Genießen. Und hier liegen schon die Etiketten für das Gigglstuinar Weizen das wird das zweite Standbein der Brauerei!“

Miniatur2Bernhard erzählt von seinen Plänen, und man merkt, dass sich hier jemand seinen ganz persönlichen Traum erfüllt. Im Brauen geht er auf da macht es überhaupt nichts, dass das Ganze (noch?) als Nebenerwerb läuft und die Abende und Wochenenden drangegeben werden müssen. Neben all dem findet Bernard auch noch Zeit, gelegentlich auf Volksfesten ein Schaubrauen zu veranstalten, mit einer kleinen, aber sehr hübschen Anlage. In Tracht steht er dann da und rührt im kupfernen Maischebottich; daneben der hölzerne Läuterbottich, das Ganze auf einem Ziegelstein-Sockel und, Zugeständnis an die Mobilität, auf Rollen.

Das Brauereidorf Rettenberg, das seit vielen Jahrzehnten damit wirbt, zwei erfolgreiche Allgäuer Brauereien zu beherbergen, hat eine dritte Brauerei dazu bekommen. Viel kleiner als die anderen beiden, aber mit viel Herzblut. Und idyllisch gelegen. Oberhalb des Ortes, umgeben von Wiesen und Wäldern, inmitten der Natur. Wenn jetzt der Wettergott für den Himmelfahrtstag noch mitspielt, dann steht einer zünftigen offiziellen Eröffnung und einem großen Erfolg in der Region nichts mehr im Weg!

Das BernardiBräu ist mittwochs und freitags von 16:00 bis 19:00 Uhr und sonnabends von 09:00 bis 12:00 Uhr für den Rampenverkauf geöffnet. Möchte man zu anderen Zeiten Bier kaufen, sollte man unbedingt vorher anrufen; da es sich noch um einen Nebenerwerbsbetrieb handelt, ist nicht immer garantiert, dass jemand da ist. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Brauerei nicht wirklich gut zu erreichen selbst wenn man bis Kranzegg mit dem Bus fährt, hat man noch eine ordentliche Wanderung das Bergsträßchen hinauf vor sich. Und auch mit dem Rad sollte man stramme Wadeln vorweisen können. Es gibt halt Situationen, in denen das Auto fast alternativlos ist.

Bilder

BernardiBräu
Kammeregger Weg 7
87 549 Rettenberg OT Kranzegg
Bayern
Deutschland

Allgäuer Brauhaus AGKemptenDEU

Wie so viele Brauereien schaut auch das Allgäuer Brauhaus gerne nicht nur auf die eigene Geschichte zurück, sondern auf die des Brauwesens am Standort und datiert die Anfänge des Brauens in Kempten auf die Keltenzeit, vor rund 2000 Jahren. Das Allgäuer Brauhaus selbst hingegen wurde erst im Jahr 1911 von August Weixler gegründet. Da es aber einst die Stiftsbrauerei Kempten, die im Jahre 1394 erstmals urkundlich erwähnt wurde, übernommen hat, feierte man bereits 1994 ein großes, sechshundertjähriges Jubiläum.

Das Allgäuer Brauhaus braut mehr als 20 verschiedene Biere, teilweise in Braustätten in der Region, die übernommen wurden, teilweise vor Ort in Kempten; mit diesem Portfolio hat die Brauerei eine vorherrschende Stellung im Oberallgäu.

MiniaturWährend eines Besuchs in Kempten am 18. März 2008 umrundeten wir bei Sonnenschein aber bitterer Kälte geduldig die mitten in der Stadt gelegene Brauerei teilweise schöne alte Gemäuer, zum Teil aber auch hässliche Zweckbauten. Interessant anzusehen, über den Zaun hinweg, aber was wir gar nicht fanden, war ein Brauereiausschank, oder wenigstens ein Hinweis auf einen solchen. Sollten wir heute mit temporärer Blindheit geschlagen sein, oder gibt es tatsächlich keinen? Der einzige „Eingeborene“, den wir bei der Kälte auf der Straße trafen, konnte uns auch nicht weiterhelfen und so blieb uns nichts anderes übrig, als in Erinnerungen an die zahlreichen Biere dieser Brauerei, die wir bisher schon zu anderer Gelegenheit verkostet haben, zu schwelgen.

Erst die Internet-Recherche nach unserer Rückkehr brachte uns auf die Spuren der Brauereigaststätte zum Stift, die in der Altstadt Kemptens liegt ein gutes Stück von der Brauerei entfernt.

Nachtrag 4. Mai 2015: Der heutige Tag bot eine oberflächliche Gelegenheit, die Informationen zum Allgäuer Brauhaus zu aktualisieren. Das alte Sudhaus in der Kemptener Innenstadt ist mittlerweile abgerissen worden; lediglich die Vorderfront des alten Gebäudes blieb erhalten. Auf dem Gelände soll nun Wohnraum entstehen. Die Bierproduktion wurde schon vor geraumer Zeit in den Marktoberdorfer Ortsteil Leuterschach verlegt, eine Braustätte, die modernisiert wurde und nun unter wirtschaftlicheren Bedingungen ein effizienteres Brauen ermöglicht. Und nach wie vor ist das Stift ein Brauereiausschank des Allgäuer Brauhauses.

Die Brauereigaststätte zum Stift ist täglich von 10:00 bis 24:00 Uhr durchgehend geöffnet; es gibt keinen Ruhetag. Durch die günstige Lage am Rand der Fußgängerzone in Kempten bietet sich die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel an vom Bahnhof aus ist es eine gute Viertelstunde zu Fuß; die Stadtbusse halten in unmittelbarer Nähe der Brauereigaststätte.

Bilder

Allgäuer Brauhaus AG
Beethovenstraße 7
87 435 Kempten
Bayern
Deutschland

Brauereigaststätte zum Stift
Stiftsplatz 1
87 439 Kempten
Bayern
Deutschland

Allgäuer Brauhaus AG
Braustätte Leuterschach
Schwendener Straße 18
87 616 Marktoberdorf OT Leuterschach
Bayern
Deutschland

Berghof BabelWald im OstallgäuDEU

Es gibt Orte und Momente, in denen präsentiert sich das Allgäu so überirdisch perfekt, dass es nur noch kitschig ist, gar nicht mehr anders als kitschig sein kann.

Leicht wellen sich die Hügel des Voralpenlands, die Straße schlängelt sich in gleichmäßigen, ruhigen Windungen hinauf und hinab. Am Horizont grüßen die schneebedeckten Gipfel der Alpen. Nach den Regenfällen der vergangenen Tage steht das frische Gras leuchtend grün und saftig; noch saftiger und noch satter leuchten die buttergelben Köpfe des Löwenzahns.

Allgäuer Frühling.

Vor uns auf dem Hügel taucht ein großes, sehr gepflegtes Gehöft auf der Berghof Babel. Die Häusergruppe liegt etwas außerhalb des Örtchens Wald. Der Kies knirscht leise unter den Reifen, als wir am 3. Mai 2015 auf den Parkplatz rollen. Walder Käskuche steht an der Hauswand, und darunter Schaukäserei, Brauerei.

„Mutig, mutig!“, denke ich, Käsebakterien und Bierhefe traut vereint unter einem Dach, das wird wohl eine echte Herausforderung an die Betriebshygiene und die Qualitätskontrolle sein.

MiniaturDas Erdgeschoss des Gebäudes ist nicht nur groß, sondern auch großzügig. Eine einladende Käsetheke für den Direktverkauf gleich rechts, eine blitzblank polierte Brautheke der Firma Kaspar Schulz gleich links. Ein Großserienprodukt, gewissermaßen, aber doch immer wieder sehenswert. Vor uns der Schankraum mit überraschend wenig Tischen, dafür aber viel Platz davor, und rechts hinten hinter Glas die Schaukäserei.

Staunend starren wir durch die großen Fenster. Blitzblank ist alles, sauber hergerichtet, effizient angeordnet. In unseren Gedanken sehen wir den Käser zwischen den Bottichen hin und her laufen, sehen, wie er die Käseharfe durch die eingedickte, langsam ausflockende Flüssigkeit zieht…

Doch halt, wir sind ja nicht wegen des Käses, sondern eigentlich eher wegen des Biers hier. Flugs also einen Platz gesucht. Blitzschnell kommt die freundliche Bedienung angelaufen, und als hätte sie unsere Fragen schon geahnt, empfiehlt sie uns die Tiroler Brotzeitplatte, da seien mehrere Käsesorten aus eigener Produktion dabei, luftgetrockneter Schinken, und natürlich ein Glas des hier gebrauten Biers, des Hellen. Daneben gäbe es aber auch immer ein Weißbier, und zur Zeit auch als Saisonbier einen Maibock.

Na, wunderbar, das lässt sich gut an.

Die Brotzeitplatte schmeckt hervorragend, lediglich das simple Graubrot ist ein wenig einfallslos etwas mehr als nur ein ganz normales Mischbrot hätte es gerne sein dürfen. Das Wald Bräu Hell dazu ist frisch, leicht herb, sehr solide und ordentlich. Und vor allem: Keine Spur einer Kreuzinfektion mit den Käsebakterien.

Die zweite Sorte, das Hefeweißbier. Eigentlich ja nicht so meins, ich mag den Stil nicht, aber dieses hier schmeckt. Feine Bananennoten, vollmundig, fruchtaromatisch und fast schon ein wenig sämig.

Und schließlich die dritte Sorte, das Saisonbier: Walder Maibock! Ich mache große Augen. Pechschwarz mit einem leicht beigefarbenen, kremigen Schaum steht das Bier vor mir. Ein kräftiger Schluck. Malzig, voll, ein bisschen nach Röstmalz schmeckend, vielleicht sogar auch ein Hauch Färbemalz. Ein ganz exzellentes Bier, kräftig, nahrhaft, wärmend, sättigend. Aber ganz bestimmt kein Maibock! Ein Maibock ist hell und hopfig-herb!

Dieser Bock hier ist tiefschwarz und malzig. Damit gibt er einen ausgezeichneten Christ-, Oster-, Doppel-, Schwarz-, Fest- oder Wasweißich-Bock ab, und zwar einen richtig guten, aber eben keinen Maibock.

Aber was soll’s. Er schmeckt, und ich bin zufrieden, höre in mich hinein, wie der schwere Bock langsam zu wirken beginnt. Die Lider werden schwer, der Chronist schläfrig, die Stimmen der anderen Gäste verschwimmen. „He, penn‘ mir jetzt bloß nicht am helllichten Tage bei Tische ein!“, reißt mich die Stimme meines holden Eheweibes aus süßen Träumen. Ach, für einen Moment hatte alles gestimmt.

Auch der Kitsch.

Selbst der.

Der Berghof Babel wurde 2010 eröffnet. Von der Wurst und dem Speck über den Käse bis zum Bier kommt alles aus eigener Produktion. Die gewaltigen Torten, die es zur Kaffeezeit gibt, sind ebenfalls selbstgemacht. In einem großen Kupferkessel wird über offenem Feuer das Kesselfleisch warmgehalten oder ein Raclette angerichtet. Im angegliederten Hotel kann man nicht nur übernachten, sondern es sich auch im Sauna- und Wellness-Bereich gut gehen lassen. Die Kinder finden einen kleinen Spielplatz und viel Wiesen zum Toben vor, und wem das immer noch nicht reicht, der kann Reitausflüge buchen, sich massieren lassen, oder was auch immer.

Mir allerdings haben das gute, deftige Essen und das leckere Bier völlig genügt.

Die Gaststube mit der Brauerei ist von Dienstag bis Sonnabend von 11:30 bis 18:00 Uhr geöffnet, am Sonntag und Feiertag erst ab 14:00 Uhr und am Montag ist Ruhetag. Das oben erwähnte Kesselfleisch gibt’s donnerstags, schaugekäst wird freitags beides jeweils ab 19:30 Uhr. Durch die Lage außerhalb des Orts ist es schwierig, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Das Auto ist immer eine Option, Parkplätze gibt es genug, und die Harri Hurtigs dieser Welt können im Frühjahr natürlich wunderbar mit dem Fahrrad über die Wiesen des Voralpenlandes rollen und sich den nötigen Durst auf das Wald Bräu erstrampeln.

Bilder

Berghof Babel
Nesselwanger Straße 44
87 616 Wald im Ostallgäu
Bayern
Deutschland